1200mm 5,6L vs 600mm 4,0L IS (x2 II)
Das 1200mm 5,6L, die Legende im EOS-Sortiment. Manchmal ist es noch in Preislisten zu finden, für 120.000 bzw 150.000 Euro und wurde nur auf Bestellung gebaut. Ich finde es interessant wie teuer die vier grossen Linsen, von denen eine eine Fluoritlinse ist, im vorderen Bereich des Objektives sein müssen damit dieser Endpreis zu Stande kommt. Die restlichen Linsen im hinteren Bereich haben dagegen eher gewöhnliche Abmessungen. Die geringe Stückzahl tut ihr übriges zum imensen Preis dazu.
Wieviele dieser 1200er gebaut wurden weis niemand so genau. Manche behaupten es wären drei (was nicht stimmen kann da B&H zwei im Angebot hatte während Canon selbst auch noch mindestens drei besitzt) Mindestens ein weiteres ist in deutschem Privatbesitz, dazu gab es mal einen doppelseitigen Bericht in einer Zeitschrift. Und dann wird es noch weitere solvente Menschen geben die sich dieses Gerät geleistet haben. In Italien gab es 2008 auch ein gebrauchtes 1200er für ca 90.000€ zu kaufen. Also ich schätze die real existierende Anzahl dieser Serie auf mindestens 15 Stück. Nach oben natürlich offen, vielleicht bis an die 100 Stück.

Ein Sammlerstück mit Wertzuwachs ist das 1200er keinesfalls. Dazu bewegt sich der Preis zu weit ausserhalb der üblichen Budgets. Trotzdem wäre ich bereit für das Objektiv eine Summe im unteren fünfstelligen Bereich auszugeben.
Für diesen Preis war es bisher aber noch nie zu haben ;-)

Ich besitze ja das 600er und jenes kommt mit 2x Extender II auch genau auf 1200mm. Allerdings bei nur halber Lichtstärke. Es hat mich ja schon lange gejuckt mal zu schauen wie sich die Objektive so im Vergleich machen.


Wie der AF im Vergleich so ist, ob eine Blende mehr den IS ersetzt und vorallem auch wie die Schärfe bei dem Trumm so ausfällt.

Beim dforum-Festival 2010 hatte ich die Möglichkeit ausgiebig damit herum zu spielen meine Meinung dazu könnt ihr jetzt hier lesen.

Der erste Eindruck: sieht genau so aus wie auf den bekannten Fotos.
Wer ein Supertele sein Eigen nennt, den haut es jetzt nicht gleich nach hinten um wegen den Abmessungen.

Die Verstellung auf Hochformat ist in der Theorie besser gelöst als bei allen anderen Objektiven mit der grossen Stativschelle. Aber irgendwie konnte mich das nicht sofort begeistern, Kamera und Objektiv fühlen sich so gar nicht nach einer Einheit an.

Neben dem 1200er sieht ein 600er doch sehr handlich aus.
1Ds II + 600L x2 f8 1/40s iso 1600 100% crop
Spiegelvorauslösung, Kabelauslöser
1Ds II + 1200L f5,6 1/100s iso 1600 100% crop
Spiegelvorauslösung, Kabelauslöser
(Auf das Bild klicken für das Original)
1200L f5,6 1/60s iso1600 100% crop
1200L f5,6 1/160s iso1250 100% crop
600L x2 f8 1/100s iso1250 100% crop

Ich hatte reichlich Zeit für den Test, allerdings war es in der Halle ziemlich dunkel. Daher hohe ISOs und teilweise Lampen fotografiert um kurze Zeiten zu schaffen.
Grosse Ernüchterung beim ersten Fokusieren mit dem AF des 1200ers: Das ist ja langsamer als das 600er mit dem 2x Extender II (beim selben Motiv).
Es sei dabei noch zu erwähnen, dass das 600er ohne Extender noch schneller ist, und das 400 2,8 und 300 2,8 setzen dann noch einen drauf.
Aber das 1200er ist vom AF her treffsicherer als das 600er x2, da spielt die Blende 5,6 dem AF in die Hände.
Was auch sofort auffällt: Kein IS (ja wer hätte das gedacht). Trotz 16,5kg Eigengewicht und Videoneiger merkt man das Handzittern und den fehlenden IS sofort. Da kamen sofort Erinnerungen an mein altes 600er hoch und die Gewissheit - da brauchst du wieder ganz kurze Zeiten, und wenn das nicht klappt Spiegelvorauslösung und Kabelauslöser. Ein Horror bzgl. unvorhersehbarer Momente die es in der Tierfotografie ja nur zu oft gibt. 1/200s reicht ja für viele Tierfotos, aber bei dieser Brennweite geht das auch vom Stativ nicht zuverlässig. Da hat dann Zubehör wie Burzynskis Telestütze seine Berechtigung.

Damit sich manche Besserwisser nicht die Mäuler zerreissen mögen: Natürlich sind die hier gezeigten Bilder nicht das Maximum an Schärfe was man bisher von den jeweiligen Objektiven / Kombinationen gesehen hat. Es sollte klar sein, dass die Lichtverhältnisse sehr entscheident sind für den vermittelten Schärfeeindruck. Durch meine Erfahrung weis ich inzwischen schon was und wie man fotografieren muss um etwas knackig aussehen zu lassen. Dies war unter den gegebenen Umständen leider nicht möglich, auch kein richtiger Gegenlichttest. Wer sich etwas auskennt weis, dass die besten Optiken mit Telekonverter im Gegenlicht viel schlechtere Ergebnisse liefern als mit direktem Auflicht.
Und ich habe mich immer an den spärlich verfügbaren Testbildern mit dem 1200er gestört die auf eleding grosse Distanzen durch Dunst und Hitzflimmern entstanden sind.
Ich will auf den Bildern nicht sehen wie viel 1200mm im Vergleich zu 50mm sind. Das ist nicht nur witzlos weil ich selbst 1200mm zur Verfügung habe, sondern auch weil sich das jeder selbst ausrechnen kann. Ich will wissen wie sich die Linse im direkten Vergleich zu einer bekannten Grösse schlägt.

Mein Fazit zur Schärfe: das 1200L ist auf normalem L-Festbrennweiten-Niveau so wie ich das aus meiner Erfahrung heraus sagen und einschätzen kann. Die grossen Festbrennweiten schenken sich ja kaum etwas was die Schärfe angeht, und in dem Bereich rangiert auch das 1200L. Auch der leichte Einbruch bei Verwendung des 1,4er Extender ist wie bei den anderen Ls zu sehen.
Das 600L mit 2x Extender II stinkt gegen das 1200er wie zu erwarten ist ab. Genauso wie das 300er 2,8 x2 gegen das 600er abstinken würde.
Da sich das 800L jedoch sehr gut mit dem 1,4er Extender verträgt sollte es schon am 1200er kratzen können was die Schärfe angeht.

Die Nahgrenze von 14m ist übrigens richtig nervig. Natürlich war mir das vorher schon klar. In der Praxis sind 14m jedoch viel weiter weg als einem lieb ist.

1Ds II + 1200L F5,6 klick aufs Bild für das Original

1Ds II + 1200L F8 klick aufs Bild für das Original

1Ds II + 600L x2 F8 klick aufs Bild für das Original

Noch Bild mit 1680mm f8
1200L x 1,4 Extender II

Das Maximum was bei Canon mit Autofokus gehen sollte:

1200L x 1,4
1680mm f8
100% crop

Leider musste ich feststellen, dass der AF beim 1200L mit 1,4er Extender abgeschaltet wird. Schade, damit hatte ich wirklich nicht gerechnet. Die wohl einzige Kombi mit f8 die an einer 1er nicht mitspielt.
Die Blende wird aber immerhin korrekt umgerechnet.
Was die Schärfe angeht ist der übliche leichte Einbruch bei Verwendung des 1,4er Extenders auch hier sichtbar.

Fazit zum Canon 1200mm 5,6 L:
- 1200mm bekommt man weder mit dem 600L x2 noch mit dem 800x 1,4 schärfer hin.
- keine der beiden anderen Optionen hat so einen langsamen Autofokus
- eine Blende mehr ersetzt auf keinen Fall den IS
- kein anderes Objektiv ist wegen (vorallem dem) Gewicht und Nahgrenze so unflexibel wie dieses

Kurzum, ein 800er x 1,4 bietet einen so viel grösseren Mehrwert in der Praxis, dass das 1200er diesen
weder durch eine Belnde mehr noch durch die etwas schärfere Abbildung wieder wett machen könnte. Zum 600er x 2 ist der optische Abstand etwas grösser, aber auch hier gewinnt das 600er mit grossem Abstand in der Praxis. Die wesentlichen Eigenschaften beim Arbeiten mit dem 1200er sind einfach hinderlicher, AF-Geschwindigkeit, Nahgrenze und Gewicht - da gehen sicher einige Bilder verloren weil man nicht hinterher bzw zu spät an kommt.
Wir Technikfreaks freuen uns zwar an super scharfen Bildern, da ich aber auch sehr viele Bilder verkaufe, weis ich auch, dass Schärfe eine untergeordnete Rolle bei den Kunden spielt. Die Bildqualität eines 600ers x2 sieht in der 100% Ansicht bei schlechten Lichtverhältnissen schon grenzwertig aus - dies ist aber immernoch gut genug um die Ansprüche der Kundschaft zu erfüllen.

Trotzdem hätte ich das 1200L natürlich gerne in meiner Sammlung, und es gibt bestimmt Einsätze bei denen seine Nachteile nicht zum tragen kommen und es die anderen Kombis dann mit der Bildqualität überflügelt.
Einen richtigen Praxistest in meinem Revier würde ich auch gerne mal machen, wer mir dafür sein 1200er zur Verfügung stellen mag soll sich einfach kurz melden ;-)

www.zoo-fotografie.de